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  • AutorenbildRika Roth

Frauen& Graffiti: Neue Bilder braucht die Wand!....... über sexismus in der kunst.

Aktualisiert: 31. Dez. 2022



Als Malerin bin ich überzeugt, dass Kunst starke, verwandelnde Kräfte entfalten kann. Ich habe während meiner Jahre in Paris aktiv daran mitgewirkt, dass verwahrloster, aufgegebener, unbelebter Raum durch die Besetzungen zusammen mit anderen Künstlerinnen und Künstlern in neuen Lebensraum zu verwandeln. Ähnliche Möglichkeiten bestanden für das Schillerquartier in Kassel.

Vor einigen Jahren wurden dem Schillerquartier in einer Untersuchung die größten Entwicklungschancen im Bereich Kulturwirtschaft bescheinigt. An diese Entwicklungsabsicht sollte mit der Idee einer OpenAir Galerie angeknüpft werden, um durch Kunst im öffentlichen Raum dem Viertel eine andere Gewichtung zu geben und es lichtvoller und lebenswerter für alle AnwohnerInnen zu gestalten.

Ein Kontakt zwischen dem Kulturamt der Stadt Kassel und mir wurde durch den Oberbürgermeister hergestellt. Bald darauf kam es zu ersten Planungsgesprächen. Der Verantwortliche des Kulturamts zog bald darauf einige Kasseler Graffitisprayern hinzu.

Im Verlauf der weiteren Planungsarbeit stellte sich allerdings schnell heraus, dass es den ausschließlich männlichen Graffitisprayern nicht um einen soziokulturellen Anspruch ging. Vielmehr wollten sie sich und ihren männlichen Kameraden auf den anvisierten Gestaltungsflächen Selbstverwirklichungsraum verschaffen. Schnell bekam ich Gelegenheit zu erfahren wie Männer zusammenhalten, wenn es gilt einen „Kuchen“ unter sich aufzuteilen. Ehe ich mich versah wurde ich als Initiatorin und Künstlerin an den Rand gedrängt, während sich die Herren in selbsternannte Kuratoren verwandelten, die mir gnädigerweise eine kleine Fläche zur Gestaltung überlassen wollten. Viele Frauen kennen dieses Spiel. Es ähnelt dem Fußball: Hein spielt zu Blöd, Blöd spielt über die Flanke zu Fies und Fies täuscht mit Rechts an und fault mit Links und .....TOOOR! Die Herrenmannschaft führt mit 1:0. Ich stand im Abseits und überlegte wie ich mich wieder ins Spiel bringen konnte.

Ein Schillerquartier, ausschließlich von männlichen Graffeuren besprüht und quasi markiert, wollte ich nicht kampflos akzeptieren. Diese männliche Kreativdominanz unterwanderte die soziokulturelle Ursprungsidee. Mehr noch, sie machte daraus ein makaberes Ebenbild in einem Viertel, in dem Frauen als Prostituierte auf Objekte zur sexuellen Benutzung reduziert sind und männliche Sexkäufer schon genug „herumspritzen“. Dagegen wollte ich antreten und brauchte Unterstützung bei meinem Vorhaben. Die fand ich in der Kassler Frauenbeauftragten, die mich in der Forderung unterstützte, dass die Hälfte aller geplanten Gestaltungsflächen an Künstlerinnen gehen sollen. Daraufhin beschloss die Planungsgruppe nach einer vehementen Auseinandersetzung mit den Graffitisprayern, dass Künstlerinnen und Künstler zu gleichen Teilen am Kassler Projekt Schillerquartier/Graffiti.Workshops.Kiezkultur. beteiligt werden. Dadurch entstanden im Schillerviertel drei von Frauen gestaltete Wandbilder. Ein Etappensieg!

Viele Menschen sind der Meinung, dass die Kunst keine Geschlecht kennt, womit sie ausdrücken wollen, dass allein die Schönheit und Kunstfertigkeit der SchöpferIn überzeugt. Ich behaupte: „Wer so argumentiert ignoriert die herrschenden Machtverhältnisse“.Betrachten wir die Geschichte der Kunst, so ist festzustellen, dass diese im Patriarchat von je her durch das Bildungsniveau und den Geschmack von Männern geprägt ist. Beginnend mit den Kunst- und Wunderkammern der Herrscher bis hin zu millionenschweren Sammlern, Mäzenen und Kunsthändlern der Jetztzeit ist der überkommene Kunstgeschmack ein männlicher. Malende Frauen im Sinne heutiger Künstlerinnen sind eine Erscheinung der klassischen Moderne. Zum Beispiel regelte die Nürnberger Malerordnung von 1596, dass Ölstillleben und botanische Illustrationen bis ins 18. Jahrhundert hinein ausschließlich Malern vorbehalten waren. Malerinnen mussten sich auf Blumenstücke auf Pergament und Textil beschränken, wobei sie die weniger angesehenen Aquarell- und Deckfarben nutzen konnten, was ihren künstlerischen Ausdruck stark einengte. Heute finden wir in der Kunstrichtung des Graffiti, als Teil der Hiphopkultur mit ihrer sexistischen und frauenfeindlichen Ausprägung eben diese überkommenen Muster wieder. Betrachtet man den öffentlichen Kunstraum unter diesem Aspekt, wird deutlich, dass die Freiheit des kreativen Ausdrucks von Frauen nach wie vor geregelt und begrenzt ist. Der öffentliche Raum wird durch Abbilder von Frauen bestimmt, aber nicht durch von Frauen geschaffene Bilder. Somit ist unsere Wahrnehmung und Ästhetik nach wie vor durch die männlich Sichtweise geprägt. Diese Ausschließlichkeit muss nun endlich von Frauen aufgebrochen werden. In Kassel wurde ein Anfang gemacht!

WAR! Womens Art Revolution!

Rika Roth aka Blanche Noir

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